07.08.2020: Philip Glass (Komponist) war für mich ein Türöffner. Lange Zeit hatte ich keinen Zugang zu zeitgenössischer, klassischer Musik. Wenn bei einem Konzert zwischendurch ein modernes Stück gespielt wurde, fand ich es bestenfalls interessant, staunte mitunter, dass man sich als Musiker in einem solchen Stück irgendwie zurecht finden konnte, so ganz ohne Melodie oder Rhythmus, an denen man sich hätte orientieren können, aber wirklich berührt hat mich ein zeitgenössisches klassisches Musikstück nie.
Bis zu jenem Abend vor etwa fünfzehn Jahren, als ich mit einer Arbeitskollegin im Zürcher Opernhaus einen Ballettabend besuchte. Tanz als Kombination von Musik und Körperbewegung finde ich generell etwas Wunderbares und Ballett im Speziellen hat mich immer fasziniert. Die Kollegin hat die Tickets besorgt und ich habe mich im Voraus nicht gross mit dem Programm auseinandergesetzt, freute mich einfach auf den Ballettabend. Der Abend wurde für mich jedoch schliesslich zu einem musikalischen Schlüsselerlebnis in meinem Leben. Neben der schlichten, modernen Inszenierung mit kargem Bühnenbild und erstklassigen Tänzerinnen und Tänzern hat mich vor allem die Musik völlig verzaubert. Es war das Stück 'In the upper Room' von Philipp Glass. Die Schlichtheit und die Klangmuster, die sich in kleinen Abweichungen immer wiederholten, fügten sich zusammen mit dem Tanz perfekt zu einem stimmigen Gesamten. Immer, wenn Musik mich zutiefst berührt, fühle ich einen kalten Schauer auf dem Rücken und ich kann meist nicht einmal genau erklären, was den Schauer auslöst. An jenem Abend passierte mir das gleich mehrmals. Im Nachhinein musste ich mir umgehend die CD mit dieser Musik besorgen und seither habe ich noch viele weitere Stücke von Philipp Glass entdeckt, die mich ebenso faszinieren und berühren. Seither hat die Musik von Philip Glass einen prominenten Platz in meiner klassischen Musiksammlung.
Es ist dies mein dritter Versuch, ein Portrait dieses Komponisten zu malen und die beiden ersten haben nicht überlebt. Ich wähle diesmal wieder eine andere Aufnahme aus meiner Sammlung und möchte sie farblich mit Rot, Orange, Umbra und Preussischblau umsetzen. Insgesamt sollte dadurch ein warmes Bild mit starken Lichtkontrasten entstehen. Format 80/80 cm auf rohem Leinen.
Für die Grundierung wähle ich einen hellen Violett-Ton, den ich aus allen Farben (Rot, Orange, Umbra und Preussischblau) mische. Darüber lege ich mit breitem Pinsel erste Farbflächen in Orange, leuchtendem Feuerrot und Dunkelrot für die schattigen Partien des Motivs. Ich achte dabei noch nicht genau auf die Geometrie. Um nun die Orientierung wieder zu finden, skizziere ich die Konturen der Figur in einem dunklen Blauton aus Preussischblau und Umbra neu. Dann folgt eine Schicht flüssiges Dunkelrot auf nassem Untergrund und ohne zu warten, bis diese Schicht abgetrocknet ist, helle ich den Hintergrund und die beleuchteten Stellen der Figur mit Orange auf. Inzwischen ist das ganze Bild unter Feuer und obwohl ich bewusst damit einen Kontrast zum alten Mann und seiner doch meist ruhigen Musik schaffen möchte, werde ich das Bild in den folgenden Arbeitsgängen wieder etwas zu beruhigen versuchen.
14./15.08.2020: Ich beschloss gestern spontan, das Feuer des Hintergrunds doch nicht zu löschen. Nach einer Woche Distanz finde ich, dass das Bild insgesamt stimmig ist und ich auf dieser Basis weiter arbeiten kann. Was ich aber spontan entscheide ist, mit einem schrägen, grellen Lichteinfall im unteren Bildteil ein weiteres dominantes Element ins Bild aufzunehmen. Damit mache ich auch die Lichtquelle sichtbar, welche das Gesicht der Figur so grell beleuchtet. Die Basis für den hellen Lichteinfall lege ich mit Farbspray in ganz hellem Pink. Der Rest ist jetzt noch Detailarbeit, grundsätzlich möchte ich das Bildkonzept und auch die Farben höchstens noch in Nuancen verändern...
18.08.2020: Heute habe ich ausnahmsweise frei, weil ich am Wochenende arbeiten musste. Ich nutze die Zeit, um noch einige letzte Änderungen am Portrait von Philip Glass zu machen. Vor allem gestört hat mich noch die Abgrenzung des hellen Lichteinfalls unten: viel zu pingelig und überhaupt nicht passend zum Rest des Bildes. Spontan fand ich heute Morgen, dass ich statt dem hellen Orange, das Licht in kühles Blaugrau wechseln möchte um dadurch die Farbtöne aus der Schattenseite des Gesichts aufzunehmen. Gedacht, getan - Fertig.
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