20.11.2020: Nach einer unglaublich langen Pause freue ich mich riesig, heute mit einem neuen Bild anzufangen. Die Vorbereitungen für die Ausstellung hat mir in den vergangenen zwei Monaten keine Ruhe dazu gelassen und jetzt, wo alles vorüber ist und die meisten meiner Bilder ein neues Zuhause gefunden haben, spüre ich Aufbruchstimmung. Ich habe das Gefühl, in eine neue Phase aufzubrechen und bin gespannt was kommen wird.
Nach wie vor beschäftigen mich die Werke des Kalifornischen Künstlers Julio Reyes. Mit 'Aedan' habe ich ein erstes Portrait gemalt, welches unter diesem Einfluss entstand. Als nächstes möchte ich daran anknüpfen. Wie in meinem Blog 'Empyrean' erwähnt, reizt mich einmal, ein Portrait eines Menschen mit geschlossenen Augen zu malen. Ich hatte Zeit, während den letzten Wochen nach geeigneten Motiven zu suchen. Fündig bin ich schliesslich geworden im Musikvideo zum Song 'Desert Days' von Blanco White. Ganz am Schluss des Videos gibt es eine kurze Sequenz, in welcher der britische Sänger und Songwriter Josh Edwards in einer verlassenen Steppenlandschaft im Wind steht und mit dem letzten Takt der Musik schliesst er die Augen. Dieser Ausdruck von Gelassenheit, nicht aus Gleichgültigkeit sondern aus einer inneren Stärke heraus, die dieser Augenblick für mich ausdrückt, möchte ich versuchen, in meinem nächsten Portrait einzufangen. Es gibt bei diesem Motiv einige Themen, mit denen ich mich bereits bei meinem Portrait 'Aedan' beschäftigte und die ich bewusst in dieser Arbeit wieder aufnehmen möchte: Die Kontraste Orange/Blaugrau und Kalt/Warm sowie rote Haare und Sommersprossen.
Für das Bild wähle ich für einmal nicht ein quadratisches Format sondern ein rechteckiges Querformat in der Grösse 100/120 cm, um die Zugrichtung des Windes zu unterstreichen. Als Untergrund setze ich bei diesem grossen Format wieder auf Jute. Ich verwende den Keilrahmen des angefangenen Bildes 'Revolution' und beschliesse, das angefangene Bild zu übermalen und keine neue Jute auf dem Keilrahmen aufzuziehen. Farblich möchte ich mich auf die Farben Rot, Blau (für einmal ist es nicht Preussischblau), Orange und Umbra beschränken, natürlich mit Weiss zur Aufhellung. Heute netze ich den Untergrund erst mal mit breitem Pinsel und reichlich Wasser an und lege eine erste Schicht Blaugrün mit dem Pinsel. Für den Rest des Tages muss ich diese Schicht erst mal abtrocknen lassen.
21.11.2020: Heute skizziere ich die Figur auf dem Blaugrünen Untergrund. Die erste Skizze schien mir aus Distanz zu gross zu sein und ich verkleinere das Motiv noch etwas und rücke es etwas mehr nach rechts. Nachfolgend ziehe ich die skizzierten Linien in leuchtendem Rot nach. Das Gesicht stelle ich mir am Schluss in differenzierten, hellen Orange- und Rottönen vor, den Hintergrund in hellem Blaugrau. Um einen vielschichtige Farbstruktur zu erreichen, entscheide ich mich als nächstes mit dem Farbroller die beiden Bildbereiche in der gegensätzlichen Farbe zu übermalen: Das Gesicht in einem hellen Blaugrau, den Hintergrund in einem blassen Orange. Die dunklen Partien der Haare färbe ich mit dem Roller in einer Mischung aus Rot, Blau und Umbra in einem Aubergine-Ton ein. Ich stelle mir vor, in den folgenden Arbeitsgängen die Farben für Gesicht und Hintergrund schrittweise von Blau zu Orange, respektive umgekehrt zu transformieren. Erst aber werde ich wahrscheinlich als nächstes einige Akzente mit Farbspray auftragen. Heute aber reicht es nicht mehr für diesen Schritt.
22.11.2020: Heute habe ich nicht viel Zeit gehabt, um an meinem neuen Projekt weiter zu arbeiten. Aber für den geplanten Arbeitsgang mit Farbspray hat es immerhin noch gereicht. Auch heute war ich noch überzeugt, dass dem Bild jetzt einen Akzent mit Farbspray gut tut. Diesmal möchte ich mich mit Spray nicht zurückhalten. Die Schwierigkeit im Umgang mit Spray ist, dass der Auftrag spontan erfolgen muss. Schwung und Linienzug müssen sitzen. Man hat genau eine Chance. Wenn die Farbe mal drauf ist, ist sie drauf. Oft bin ich mit Farbspray bisher zu zögerlich umgegangen. Aber dies ergab nie ein befriedigendes Resultat. Heute fällt es mir leichter und ich setze meine Marken sehr überlegt aber mit spontaner und zügiger Bewegung. Schlimmstenfalls beginne ich mit dem Bild von vorne. Farblich verwende ich Orange, Hellblau, Braunrot und Dunkelblau. Noch nie habe auf der ganzen Bildfläche Akzente mit Farbspray gesetzt. Vieles wird wieder überdeckt werden von überliegenden Schichten aber einiges möchte ich sichtbar lassen.
27./28./29.11.2020: Wieder einmal ein ganzes Wochenende intensiv gemalt, Es hat gut getan! Mit dem Ergebnis bin ich allerdings nicht sehr glücklich. Eigentlich wollte ich ja in einen neue Phase starten und jetzt merke ich, dass der Wiedereinstig nach dieser langen Pause nicht so mühelos geht und ich wieder mit denselben Problemen kämpfe wie vor der Ausstellung. Aber inzwischen kenne ich ja die Ups und Downs und ich habe Zeit...
04./05./06.12.2020: Unter der Woche musste ich immer mal wieder im Atelier vorbeischauen und mein neues Bild von Nahem betrachten. Einmal mehr bin ich wieder völlig unsicher, ob ich überhaupt noch daran weiter arbeiten soll. Das Motiv finde ich nach wie vor stark aber die Umsetzung überzeugt mich bisher nicht. Vielleicht hätte ich das Motiv besser mehr abstrahiert. Schliesslich entscheide ich mich heute doch, dem Bild nochmals eine Chance zu geben und ich mache mich an die Detailarbeit. Farblich versuche ich es noch differenzierter zu gestalten und vor allem die Details an den Augenliedern, der Mundpartie und an Nase und Ohr kosten mich heute den ganzen Tag. Am Samstag geht es weiter mit Feinarbeit. Die schematisch angedeutete Wolke links im Bild führe ich rechts im Bild noch weiter. Den Rest des Tages verbringe ich mit Details im Gesicht und zum Schluss überarbeite ich die dunkelsten Partien noch nach mit einer Mischung aus Preussischblau, Umbra und Rot.
07.12.2020: Diese Woche habe ich relativ spontan Ferien genommen und kann deshalb wieder einmal etwas intensiver im Atelier tätig sein. Heute möchte ich dieses Bild abschliessen. Ich glaube, viel braucht es nicht mehr. Die helle Partie des Himmels versehe ich noch mit einer lasierenden Schicht feiner Linien in hellem Türkis, um die Zugrichtung des Windes etwas spürbar zu machen. Den Rest des Tages verbringe ich mit Feinarbeit an den Haaren, den Augen und an Mund und Hals.
Die Leinwand für das nächste Bild habe ich gestern schon aufgezogen und heute habe ich die letzten Grundierung aufgetragen. Morgen beginne ich mit einem neuen Bild. Und es soll etwas ganz anderes Werden. Ich habe Lust, wieder mehr zu abstrahieren...
09.12.2020: Mit einem Tag Abstand gibt es noch einige Kleinigkeiten, die mich gegenüber der Vorlage stören. Wenn ich schon so ins Detail gegangen bin bei diesem Bild, dann sollten diese auch stimmen. Ich verbringe heute also nochmals etwa drei Stunden mit Feinarbeiten an Augen, Nase, Mund und Ohr, sowie an den Haaren. That's it!
16.02.2021: Entsorgt, Keilrahmen wird wiederverwendet für 210062.
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