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AutorenbildStefan Eisenhut

Nature morte à la rousse

Aktualisiert: 20. Jan. 2022


26.01.2021: Manchmal gelange ich auf meinen Streifzügen durchs Internet auf der Suche nach Motiven über verschlungene Pfade ganz unvermittelt auf einen unverhofften Schatz. Die Vorlage für dieses Bild war so ein Fall. Letztes Jahr, auf der Suche nach einem geeigneten Motiv für mein Bild 200052 'Aedan' stieß ich unter anderem auf eine Porträtaufnahme des Londoner Fotografen Bertil Nilsson. Sie zeigt das Gesicht eines jungen Mannes mit rotem Haar und Sommersprossen namens Philip Rosenberg. Ich habe etwas recherchiert um herauszufinden, wer dieser Mann ist und was wohl der Anlass für diese Aufnahme war. Schliesslich bin ich bei der Französischen Artistengruppe 'Cirque Le Roux' gelandet, von der ich bisher nie gehört hatte.

Was diese Gruppe macht, finde ich schlicht überwältigend und ganz grosse Kunst. Nicht nur artistisch sind sie ganz grosse Klasse: Ihre Programme sind aus meiner Sicht von der sorgfältigen Inszenierung über Kostüme und Dramaturgie bis zur schauspielerischen Leistung ein einziges Kunstwerk und schaffen eine Atmosphäre, der ich mich nicht entziehen kann.

Der Trailer ihres Programms 'The Elephant in the Room' gibt einen Eindruck ihres künstlerischen Könnens.


Am 20. März 2021 kommt die Truppe in die Schweiz und tritt mit ihrem Programm 'A Deer in the Headlights' im Théatre de Beausobre in Morges auf. Falls Covid es zulässt, werde ich mir diesen kulturellen Leckerbissen nicht entgehen lassen. Tickets gibt's hier.


Nicht überraschend ist auch die Web-Seite von Cirque Le Roux professionell aufgemacht und mit guten Bildern illustriert. Eine der Aufnahmen hat mich speziell fasziniert und dient mir nun als Vorlage für mein nächstes Bild. Die Originalaufnahme ist in warmen Farben gehalten. Zusammen mit der Inszenierung der Figuren wirkt das Bild fast wie ein klassizistisches Gemälde.


Umsetzung: Format 120/100 cm quer, Untergrund rohes Leinen, mit Gesso schwarz grundiert.

Letzten Sonntag habe ich den Keilrahmen bespannt und diese Woche habe ich jeweils abends in fünf Arbeitsgängen die Leinwand grundiert. Normalerweise brauche ich dazu einen vollen Tag, weil die einzelnen Schichten zwischendurch trocknen müssen. Ich wollte unbedingt am Freitag mit Malen beginnen können. Farblich bin ich noch unschlüssig, ob ich durch warme Naturtöne aber einen grosszügigen Pinselstrich den Eindruck eines alten Gemäldes schaffen möchte oder ob ich dieses fast klassisch anmutende Motiv als Kontrast in sehr bunten Farben umsetzen werde. Diese Frage wird sich am Freitagmorgen wohl je nach Stimmungslage mit den ersten grosszügigen Pinselstrichen fast von alleine klären.


29.01.2021: Der Einstieg in mein neues Projekt - das erste in diesem Jahr - fällt mir nicht leicht heute und ich konnte mich immer noch nicht entscheiden, wie ich das Bild farblich umsetzen möchte. Schliesslich wähle ich ein Porträt des Amerikaners Mark Horst, welches ich farblich und technisch genial finde, als Orientierungshilfe. Wie in meinem letzten Blog Beitrag erwähnt, setze ich mich in den letzten Wochen intensiver mit den Werken dieses Künstlers auseinander. Sowohl seine Farbkonzepte als auch sein spontaner Pinselstrich und die gekonnte Kombination von Linie und Fläche fasziniert mich sehr. Obwohl sich das Farbkonzept nicht eins zu eins auf mein Motiv mit dem dunklen Hintergrund adaptieren lässt, möchte ich von seinem Bild das gedämpfte Weiss, die roten und schwarzen Konturlinien, sowie die grauen, blaugrünen und orangen Flächen irgendwie in mein Bild übernehmen. Und ja, ich werde für deses Bild zum ersten Mal schwarze Farbe verwenden!


Als erste Schicht helle ich meinen schwarzen Untergrund auf und lege dazu mit dem Farbroller eine flüssige Schicht Weiss, welches ich mit Umbra, Gelb und Schwarz abdämpfe. Ich lasse die flüssige Farbe kurz etwas verlaufen und lege das Bild nachher zum Trocknen flach, damit die Farbe nicht mehr weiter fliesst. Das Ergebnis solcher nassen Schichten lässt sich jeweils nur bedingt steuern und voraussagen. Diesmal ist jedoch eine wunderschöne Farbstruktur entstanden, die ich unbedingt an gewissen Stellen sichtbar behalten will. Als nächstes skizziere ich die Konturen der Figuren in orange-rot nach und gebe dabei Acht, dass der Strich nicht allzu genau ist und einen skizzenhaften Charakter erhält. Heute reicht es gerade noch, die hellsten Stellen des Bildes - vor allem die Haut der Figuren mit breitem Pinsel in gebrochenem Weiss herauszuheben.

30.01.2021: Dem schlechten Wetter sei Dank! Ich konnte heute wieder einmal den ganzen Tag im Atelier verbringen und es gab keinen Grund nach draussen zu gehen. Ich bin denn auch ein rechtes Stück weitergekommen mit meinem Bild. Vielleicht habe ich jetzt aber zum Schluss am späten Samstagabend mein Bild in den Sand gesetzt. Generell habe ich mich heute von der Vorlage von Mark Horst völlig gelöst und ich entschied spontan, die hellen Hautpartien der Figuren in einem grellen Orange deutlich abzuheben. Das Ergebnis hat mich ziemlich erschreckt. Morgen habe ich damit zu Beginn gerade wieder eine erste Herausforderung: Den Entscheid, was ich damit anfangen soll...


31.01.2021: Ich stecke fest, habe spontan keine Idee, wie ich das Bild retten kann. Braucht wohl etwas Zeit. Noch gebe ich es nicht auf...

19.-21.02.2021: Bereits am Donnerstagabend habe ich mich daran gemacht die ausweglose Situation in einer flüssigen Schicht Hellgrau zu ertränken. Am Freitag habe ich dann die dunklen Partien der Figuren in einem harten Blauschwarz wieder herausgearbeitet. Spontan habe ich mich entschieden, das etwas rechtslastige Motiv mit einer helleren stelle links im Bild etwas besser auszubalancieren. Gestalterisch setze ich dies mit Hilfe eines dunklen Vorhangs um, der nicht den ganzen Bildhintergrund abdeckt. Das Farbkonzept passe ich für diesen neuen Versuch leicht an und stelle mir differenzierte aber teils harte Kontraste in Blau- und Orange-Tönen vor. Um die Zwischentöne abzumischen werden ich neben Blau und Orange auch noch Umbra, Schwarz und Weiss einsetzen. Mit Umbra und Blau kann ich die ganze Palette von Grautönen erzeugen und mit Orange, Umbra und Weiss lassen sich natürliche Hauttöne mischen.

Anstelle der grell-orangen Akzente auf den hellen Hautpartien der Figuren akzentuiere ich diese jetzt mit hellblauem Farbspray. Die letzten Akzente an diesem Wochenende setze ich in dunklem Umbra und etwas hellerem Braun-Grau vor allem, um den Vorhang etwas in Form zu bringen.



26.02.2021: Nach einer längeren Pause finde ich das Bild farblich stimmig und ich versuche heute wieder einen Einstieg zu finden. Im nächsten Arbeitsgang will ich nun wieder warme und helle Farbakzente ins Bild bringen und entscheide mich, beim Orange zu bleiben, das ich schon im ersten Versuch vorgesehen hatte.


27.02.2021: Heute habe ich die Technik gewechselt und mit breitem Pinsel aber feinem Strich den ganzen Tag Flächen farblich feiner abgestimmt und vor Allem die Hautpartien der Figuren aufgehellt. Dadurch ist das Bild jetzt sehr konkret und Detailreich geworden, eigentlich völlig entgegen meiner langfristigen Zielsetzung, mehr zu abstrahieren. Einmal mehr merke ich, dass sich manchmal die Entwicklung eines Bildes völlig verselbständigt, wenn ich richtig im Fluss bin. Was dabei herauskommt, kann ich jeweils im Moment gar nicht beurteilen...


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