22.03.2020: Wir alle kennen sie, Momente wo wir mit irgendetwas beschäftigt sind und im Hintergrund läuft Musik, und dann beginnt ein neuer Song und bei den ersten Akkorden entspringt uns ein Wow!. Wir lassen alles stehen und liegen, setzen uns hin und lauschen gebannt dieser Musik. So ging es mir letzthin mit dem Chanson 'Allô maman bobo' von Alain Souchon, interpretiert von den jungen Franko-Kanadiern Elliot Maginot und dem Saxophonisten Félix Petit. Schon die ersten Töne des Saxophon-Intros und nachher der Übergang zum Intro der akustischen Gitarre haben mich völlig umgehauen. Oft können Coversongs dem Original nicht das Wasser reichen. Diese Interpretation überzeugt mich jedoch weit mehr noch als das Original - Für mich ein kleines Meisterwerk. Seither habe ich diese Aufnahme immer wieder anhören müssen.
Im Netz habe ich eine schöne Aufnahme von Elliot Maginot gefunden, eine Studioaufnahme mit dezentem Hintergrund und hellem Licht senkrecht von oben, was zu starkem Kontrast im Gesicht und hartem Schattenwurf führt. Diese Vorlage eignet sich gut, um nach meinem letzten Bild von Marilyn Monroe nur mit den drei Grundfarben, farblich wieder etwas ganz Anderes und Differenzierteres zu versuchen. Format 80/80 cm, Untergrund rohes Leinen, grundiert mit schwarzem Gesso. Die erste Schicht des Hintergrundes trage ich mit dem Roller auf und für die Figur verwende ich den breiten Pinsel und Farbe in dicker Konsistenz. Farblich beschränke ich mich vorerst auf Gebrannte Umbra, Blau und Orange sowie Mischweiss zum Aufhellen.
27.03.2020: Heute bringe ich erst mal mit ein paar gezielten Pinselstrichen etwas Licht auf Gesicht und Hände und arbeite nachher den ganzen Tag daran, mich der Figur anzunähern. Farblich finde ich das Konzept stimmig und ich bleibe bei den Farben Umbra, Blau und Orange. Erst wollte ich blaues, kaltes Licht, wie von einem Bühnenscheinwerfer, als Kontrast zum warmen Hintergrund malen. Schliesslich habe ich mich jedoch spontan für ein warmes Licht entschieden. Damit wird das Bild wohl farblich insgesamt warm, ruhig und homogen. Einzig die Schattenpartien der Haut habe ich als leichten Kontrast in kalten Blautönen gemalt.
03.04.2020: Heute habe ich erst mal den Hintergrund noch leicht überarbeitet, damit die Farbübergänge etwas homogener werden und den grössten Teil des Tages habe ich mit dem Gesicht der Figur verbracht. Immer wieder habe ich Züge überarbeitet und immer wieder habe ich damit andere Gesichtsbereiche wieder zerstört. Am Abend habe ich Schluss gemacht und weiss, dass ich mir das Bild nochmals vornehmen muss. Einiges befriedigt mich noch nicht. Ich habe Mühe gehabt mit diesen feinen Gesichtszügen und musste schliesslich den 5mm-Pinsel zu Hilfe nehmen. Ich bin mich nicht mehr gewohnt so fein zu arbeiten...
05.04.2020: Heute habe ich mich vor allem nochmals mit Gesicht, Händen und den Haaren auseinandergesetzt. Mit etwas Distanz habe ich bemerkt, dass Hände und Gesicht nicht in demselben Farbton beleuchtet sind. Das Gesicht war eher in warmen Tönen, die Hände und das Glanzlicht auf dem Schuh in kaltem Licht. Damit das Bild insgesamt stimmig wird, musste ich mich also entscheiden, entweder die Hände ebenfalls in einem wärmeren Licht zu malen oder aber das Gesicht in kühleren Tönen. Schliesslich habe ich mich spontan für kaltes Licht entschieden. Damit erhält das Bild, das insgesamt farblich bisher sehr ruhig ist, doch noch einen Kontrast und unterscheidet sich farblich auch klar von Bildern vieler alter Meister, die Portraits oft in sehr warmen Tönen gemalt haben. Mit diesem Farbwechsel musste ich jedoch das Bild, das ich bereits in einen Rahmen aus rohem Buchenholz montiert hatte, umrahmen. Mit dem kalten Licht passt nun ein weisser Rahmen besser als einer aus rohem Buchenholz.
Und übrigens, mein heimlicher Star auf diesem Bild ist die rechte Hand des Sängers. Aus meiner Sicht ist es eine meiner besten Hände, die ich bisher gemalt habe...
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